Neuronenverband
Schlaf, Schlafstörung, Träume

Albträume – Eine alternative Sichtweise

Albträume sind unangenehme Störungen des Schlafes, die man gerne vermeiden möchte. Im letzten Artikel über Albträume ging es um Inhalte und Ursachen. Dieser Artikel beschäftigt sich mit einer möglichen alternativen Sichtweise auf Albträume.

Wer hat denn nun Recht?

Zunächst muss ich Dich erstmal etwas verwirren, da es zwar genügend Webseiten und Ratgeber gibt, die sagen „Mache A und werde Deine Albträume los“, aber besonders nach den neuen Erkenntnissen aus der Jelly-Fish-Studie stellt sich die Frage, wer hat denn nun Recht? Und vor allem wer bietet mögliche Antworten?

Warum ist die Frage so wichtig? Weil man verstehen sollte, dass es gerade bei gesundheitsbezogenen Themen viele unterschiedliche „Hüter der Weisheit“ gibt, die im Wettstreit ihre Sicht und ihre Lösung als die richtige sehen und verteidigen. Andere haben ein rein wirtschaftliches Interesse und streichen ihre Lösung als gute Lösung an.

Mir ist es an der Stelle wichtig Dir eine andere Sichtweise auf Albträume vorzustellen. Wenn Du meiner Argumentationskette folgst, kannst Du Dir auch besser vorstellen wie andere Lösungsansätze für Albträume jeweils zustande kommen und Dir besser ein eigenes Bild machen.

Ich stelle meine persönlichen Thesen gerne zur Diskussion, da ich das Thema Schlaf seitdem ich mich tiefer damit beschäftige extrem spannend finde.

Übertragbare Erkenntnisse aus der Jelly-Fish-Studie

Die Jelly-Fish-Studie stellt neben der Sicht auf den Schlaf auch diejenige auf Albträume auf die Probe. Beide fußen auf der Vorstellung, dass Schlaf eine Funktion des Gehirnes sei.

Wenn es beim Schlaf wirklich nur um das Reparieren und Aufräumen von Nervenzellen ginge, dann ist auch die Frage berechtigt:

Sind Träume irgendwelche Konstrukte von Ängsten, Sorgen und Traumata ODER lediglich eine Folge der „Reinigung“ von Neuronenverbänden?

Der wichtige Unterschied liegt hierbei bei der Sichtweise. Im ersten Fall interpretiert man in Träume Aussagen und Ursachen im Nachhinein hinein und im zweiten Fall ist es die objektive emotionslose Betrachtung als ein „technischer“ Prozess zum Erhalt der Funktionsfähigkeit.

Zum besseren Verständnis: Was ist hier mit einem Neuronenverband gemeint?

Eine Nervenzelle kann man auch Neuron nennen. Vielen Nervenzellen zusammen entsprechend Neuronenverband. Was hat das mit Albträumen zu tun? Mein aktueller Informationsstand ist, dass das Gehirn seine Informationen von den Sinneszellen über eine Art Stille-Post-Prinzip erhält. Die Sinneszelle sagt dem Neuron das näher am Gehirn ist, auf chemischem Weg über Botenstoffe, dass es weitersagen soll, dass die Sinneszelle gereizt wurde. Dieses Neuron leitet den Impuls elektrisch an sein anderes Ende. Dort wird auf chemischem Weg über Botenstoffe dem nächsten Neuron gesagt „Bitte feuern!“, was dieses im Idealfall auch macht. Auf diesem Weg gelangt die Information ins Gehirn.

Ein Hundebellen aktiviert andere Nervenzellen als ein rotes Bild. Das bedeutet, dass das Gehirn die Aktivierung eines Neuronenverbandes als Hundebellen wahrnimmt und ein rotes Bild durch die Aktivierung eines anderen Neuronenverbandes.

Um es nicht zu kompliziert zu machen ist zum Verständnis des aktuellen Artikels noch wichtig, dass das Aktivieren eines Neuronenverbandes zu zwei wichtigen Dingen führt. Zum einen muss Energie für das abfeuern des elektrischen Impulses und zum erneuten Herstellen der Feuerbereitschaft erzeugt werden.

Und zum anderen lernt das Gehirn (indirekt) indem eine aktivierte Verbindung zu einer Bahnung führt, d.h. eine zweite Aktivierung dieser Neuronengruppe über den gleichen Weg ist wahrscheinlicher als vorher.

Mögliche Verbindung Regeneration Neuronenverband und Albträume

Theoretisch könnten lang anhaltende oder aktuelle Ängste bezüglich eines Themas den entsprechenden Neuronenverband über den Tag hinweg erschöpft haben. In der Folge würde dieser in der Nacht wieder regeneriert werden, damit die Neuronen am Tag wieder optimale Feuerbereitschaft hätten. Wenn nun während dieser Prozedur sich aus Versehen Aktionspotentiale (elektrische Entladungen) auslösen würden, dann könnte es sein, dass der gesamte Verband feuert und dem Gehirn das Bild der negativen Inhalte des Tages vermittelt. Das Gehirn könnte dies (zu Unrecht) als Albtraum interpretieren, obwohl es lediglich eine rein biologische Reinigungsaktion des Körpers ist.

Da sich Dr. Graham H. Diering unter anderem tiefergehend mit neuronalen Reinigungsprozessen beschäftigt, bin ich aktuell mit ihm im Dialog, um herauszufinden welche aktuellen Forschungsergebnisse die These von Albträumen als zufällige Nebeneffekte des neuronalen Reinigungsprozesses stützen oder widerlegen könnten.

Albtraumursache Natrium-Kalium-Pumpen?

Für mich ist es naheliegend, dass ein Ansatzpunkt die Natrium-Kalium-Pumpen sind, welche dafür sorgen, dass die Neuronen wieder feuern können. Wenn lang anhaltende Angst permanent einen Neuronverband aktiviert, dann müssen diese Pumpen auch permanent laufen. Nichts hält ewig, darum muss es auch einen Austauschprozess geben. Nun ist die spannende Frage wie dieser abläuft? Gibt es einen „Testlauf“ einer neuen Pumpe, überschneiden sich alte und neue Pumpe oder wird erst nach dem Ausfall eine neue gebildet? Und kann es dabei zum unbeabsichtigten Abfeuern kommen, das im entsprechenden Neuronenverband einen Dominoeffekt erzeugt?

Dr. Diering beantwortet diese Fragen folgendermaßen: „Die Natrium-Kalium-Pumpen laufen in jeder Zelle und besonders in elektrisch leitenden Zellen, wie Neuronen und auch im Herzmuskel, permanent. Es gibt einen kontinuierlichen Austauschprozess, der alte Pumpen mit neuen Kopien der Pumpen ersetzt. Mir wäre kein Reparaturprozess bekannt, es findet lediglich ein durchgängiger Austauschkreislauf statt. Über eine Verbindung mit Albträumen kann ich keine Aussage treffen, aber die These ist grundsätzlich sehr interessant.“

Natürlich freut es mich auf meine These hin keine sofortige Zurückweisung erfahren zu haben. Aber es bleiben noch Detailfragen offen. Zu den Details des Austauschprozesses hat Dr. Diering sich noch nicht geäußert. Es ist beispielsweise interessant zu erfahren was die Bildung der Pumpenkopie auslöst? Ist es der regelmäßige Zyklus oder der Ausfall einer Pumpe? Beim Zyklus stellt sich die Frage, ob sich die Aktivität der Pumpen überschneidet oder ob erst der Komplettausfall der ersten Pumpe die zweite aktiviert?

Sofern beide gleichzeitig arbeiten könnte es möglicherweise dazu führen, dass die kombinierte Leistung kurzfristig die Ladungen stärker trennt als die Membran kontrolliert zurückhalten kann. Alternativ könnte der nächtliche Ausfall einer Pumpe dazu führen, dass in der Zeit bis die zweite Pumpe anläuft ein unkontrollierter Einfluss der Natriumionen zufällig ein Aktionspotential einem Dominoeffekt auf den gesamten Neuronenverband auslöst?

Was spricht für die emotionslose Betrachtungsart?

Der inzwischen verstorbene Autor und Forscher Valentin Braitenberg schrieb das Buch „Vehikel. Experimente mit künstlichen Wesen“ in dem er Gedankenexperimente mit künstlichen Vehikeln durchführte. Mit jedem Kapitel wuchs die Komplexität der Verdrahtung innerhalb des Vehikels bis sie ein erstaunliches soziales Verhalten zeigten.

Sie zeigten Gefühle!

Wenn man genau ist, dann zeigten sie lediglich ein Verhalten, das unser Gehirn als Hass, Zuneigung oder andere Gefühle interpretiert. Und genau hier sehe ich die Verbindung zwischen diesem Leseerlebnis und der Forschung von Ravi Nath, Michael Abrams und Claire Bedbrock.

Valentin Braitenberg beschrieb im Grunde genommen die Evolution mit Hilfe von technischen Vehikeln. Von der Qualle bis zum Menschen erhöhte sich ebenfalls die Komplexität der „Verdrahtung“.

Folglich könnte es sein, dass das was wir als Schlaf oder Albträume erleben nichts anderes als „technische“ Vorgänge unseres Körpers sind, denen das Gehirn bzw. unsere Seele eine Deutung als Schlaf oder Albträume (künstlich) im Nachhinein zuweist?

Letzte Woche ist mein kleiner Sohn mit einem Albtraum weinend aufgewacht. Ich habe ihn auf meinen Arm genommen und die andere Hand auf den Brustkorb gelegt. Kurz darauf hat er sich beruhigt und ist wieder eingeschlafen. Was wäre demnach mein Tipp gegen Albträume? Wärmezufuhr an Brustkorb, Schultern und Nacken?

Wo endet der rein „technische“ Bereich und wo fängt Seele, Bewusstsein oder Freiheit an?

Fazit – Was hilft nun wirklich gegen Albträume?

Wärmezufuhr an Brustkorb, Schultern und Nacken! Es ist hoffentlich klar geworden, dass die Sichtweise auf eine Sache auch die Fragen bei der Suche nach einer Lösung beeinflusst. Und jede Disziplin, die sich mit dem Thema auseinandersetzt hat andere Lösungen. Das ist nicht schlimm. Die Frage lautet: „Mit welchem Lösungsansatz fühlst Du Dich gut?“

Ich wünsche erholsamen störungsfreien Schlaf und bin gespannt auf Deine Rückmeldung!

Thorsten von Bettdecke.de

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